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Das Dorf Krude

Aus dem kleinen, bescheidenen Dorf in Küstennähe sind einst viele namhafte Helden hergekommen. Zu diesen legendären Abenteurern zählen etwa Epik der Großartige und seine drei Brüder Lyrik der Wortgewandte, der Chronist ihrer Abenteuer, Komik der Muntere, die gute Seele unter ihnen, als auch Tragik der Verzagte, welcher sich zeitweilig von seinen Geschwistern abwandt hatte, um eigene Sache als Tragik der Abtrünnige zu machen. Die gemeinsame Zähmung eines ausgewachsenen Mordsdrachen zählt hierbei wohl zu einer der bekanntesten Erzählungen über die vier legendären Brüder. Ebenso stammte Ergo der Prächtige aus diesem Dorf, ein geheimnisvoller Bursche, dem die Mächte der Zauberei nachgesagt wurden.

Eine Heldentat folgte der nächsten. Viele Gutsherren und Regenten aus der Gegend ließen es sich von daher nicht nehmen, einen Helden aus Krude anzuheuern, wenn es zur Schlacht kommt. Diese Sitte änderte sich an jenem schicksalhaften Tag, an dem Eigentor der Treffsichere während eben einer solchen Schlacht seinen Bogen spannte und auf den Anführer des gegnerischen Heers zielte.

Aus heiterem Himmel erlitt den geschickten Bogenschützen aus Krude ein heftiger Nießanfall, was seinen Schuss deratig verzog, dass stattdessen sein eigener Heerführer mit nur einem Schuss erlegt wurde. Dies führte nicht nur zu einem jähen Ende der Schlacht zugunsten des Feindes, sondern machte die einst so gefeierten Helden von Krude mit einem Schlag zum Gespött der gesamten Nordländer.

Die Schmach dieser Niederlage im mehrfachen Sinne hat tief gesessen. Krude musste viel von seinem früheren Respekt und Ansehen stark einbüßen. Viele Nachbarorte kehrten ihnen beschämft den Rücken zu und Familien verließen ihre frühere Heimat für immer. Auf äußeren Druck hin war man sogar gezwungen, sich vom Glauben an die Asen abzuwenden, weshalb man sich dem wenig bekannten Götterreich Wohnheim zuwandte.

Viele aus Krude wollten dies nicht akzeptieren und schwangen sich auf, den Ruf aus alten Tagen wieder herzustellen. Doch so sehr sie es auch versuchten, sie scheiterten jedes einzelne Mal. Wenn sie nicht im Kampf gefallen oder verschollen gegangen sind, so haben ihre Taten bei den anderen nur für noch mehr Spott und Gelächter gesorgt.

Einige hab sich in dieser Zeit daran gemacht, sich vermehrt der Seefahrt zu widmen, doch als bei den Dorfbewohnern die grausigen Geschichten um ein Unterreich namens Qual immer lauter wurden, kehrte man schlussendlich auch den Raureif-Gewässern den Rücken zu.

Heute gibt es nur noch wenig aus Krude, das als nennenswert erachtet werden kann. So ist etwa der hausgemachte Wallungstropfen eine sehr beliebte Spirituose. Unter der weisen, aber auch resoluten Hand der Dorfältesten Gelinde stellt Krude für viele Leute nur noch ein gewöhnliches Dorf dar, das seine besten Zeiten bereits lange hinter sich gelassen hat.

An Abenteuer oder Heldentaten denkt niemand in Kruder mehr, oder so glaubt man zumindest …

Das Inselreich Ferne

Weit abgeschieden auf den entlegensten Breitengraden der Raureif-Gewässer liegt eine geheimnisvolle Insel. Unter der Herrschaft von König Robe dem Achten war das Inselreich Ferne lange Zeit ein Wahrzeichen des Wohlstands auf hoher See.

Doch mit der Zeit schienen sich dort äußerst rätselhafte Ereignisse abzuspielen. Mehr und mehr zog ein ewig währender Nebel auf, bis er schließlich die gesamte Insel wie einen dichten, grauen Wall verschluckt hatte. Die Ursache des Nebels ist bis heute ungeklärt und von den Bewohnern der Insel hat niemand mehr etwas gehört.

Man erzählt sich, dass ein schrecklicher Fluch auf der Insel lastet. Wundersame Gestalten sollen seitdem dort unterwegs sein. Einer soll sogar gesehen haben, wie der große Bockvogel seine Kreise über der Insel zieht.

Angeblich sei mal eine Bande von ruchlosen Seeräubern dorthin gesegelt, um die kostbaren Reichtümer des Inselreichs zu erbeuten, doch ihr Boot ist nie wieder gesehen worden. Seitdem wagt es kaum noch einer, auch nur in die Nähe des ewigen Nebels zu geraten.

Das Herzogtum Unstet

Nahe dem schmalen Rinnsalfluss wurde in den milderen Gebieten einst die Stadt Umtrieb erbaut. Durch geschickten Handel mit begehrten Rohstoffen in der Region und durch die Annektierung der umliegenden Ländereien wurde die Stadt binnen weniger Generationen zur prachtvollen Hauptstadt des heutigen Herzogtums Unstet. Herzog Fundrecht führt mit seiner Regentschaft nahtlos das Werk seiner Familie fort.

Überall gilt es als strahlendes Beispiel für Reichtum und Einfluss in den Nordländern. Sehr beliebt ist von dort etwa der Kristallhonig mit seiner kristallenen Klarheit, der auch in vielen erlesenen Teigwaren und Metsorten Verwendung findet.

Böse Zungen behaupten, dass der Wohlstand von Unstet nicht nur auf ehrbarem Wege zustande kam. So eine infame Behauptung hat jedoch nicht selten dazu geführt, dass man von der gefürchteten herzoglichen Ehrengarde zum Kerker der Hauptstadt geleitet wurde.

Das Unterreich Qual

In Krude gibt es die Schauergeschichte, dass tief verborgen in den Untiefen der Raureif-Gewässer ein schreckliches Unterreich lauern soll. In Krude erfuhr man hiervon zum ersten Mal, nachdem Unklar der Vieldeutige von einer seiner Seefahrten wiedergekommen war. Lange Zeit hielt man es nur für ein Ammenmärchen, doch die Erzählungen über ein Unterreich im Meer hielten sich hartnäckig.

„Wenn einer sein Wort gibt, dann hält er es auch.“

So lautet seit jeher der Leitspruch des Dorfes, das gilt vom nichtigesten Versprechen bis hin zur alles entscheidenden Großtat. Jeder Rückzieher gilt als Zeichen von Schwäche, Feigheit und Verlogenheit. Doch als die einstigen Helden aus Krude in Ungnade gefallen waren, schien sie seitdem auch ein gewisser Wankelmut bei ihren Taten zu plagen. Und von genau diesen Makeln so heißt es zehrt das Unterreich Qual.

Wer also in einem wichtigen Auftrag über die Meere segelt, führt diesen auch gefälligst zu Ende. Doch wen unterwegs so sehr die Zweifel packen, dass man unverrichteter Dinge wieder kehrt machen will, den suchen die  Seeschrecken heim. Die riesenhaften Bestien hausen in der Dunkelheit der Untiefen und lauern auf das Boot eines jeden Feiglings, um ins Unterreich zu reißen.

Erst war es nur ein paar wenige Male geschehen, dass ein Boot aus Krude auf dem Meer verschollen ging, doch mit der Zeit häuften sich die Vorfälle. Einem Abenteurer soll dabei die Flucht aus dem Unterreich geglückt sein, doch nach seiner Rückkehr war er nicht mehr derselbe. Seinem Mund konnte nur noch eine Ansammlung von wirrem Gefasel entweichen, bevor er wenige Zeit später im Wahn verstorben war.

Spätestens seitdem meiden die Leute aus Krude die hohe See. Nicht wenige von ihnen gehen davon aus, dass Qual ein ‚Geschenk‘ der Asen sei, um sich an dem Dorf dafür zu rächen, dass sie sich von ihnen abgewandt haben. Doch was auch immer die Ursache dieses unheilvollen Ortes ist, so steht für die Leute aus Krude eins fest: Das Wissen über das schreckliche Unterreich auf dem Grund des Ozeans hat ihnen nicht nur die Achtung vor dem Meer gelehrt, sondern auch vor den eigenen Taten.

Das Götterreich Wohnheim

Nicht vielen ist bekannt, dass neben Midgard, Asgard, Helheim, Alfheim und den anderen neun Welten noch weitere, kleinere Welten im Verborgenen liegen. Eine davon ist das Götterreich Wohnheim.

An der Spitze thront der große Beifall, der mit seinem einzigen verbliebenen Ohr alles vernehmen kann. Mit ihm sind viele weitere Götter – auch die Wohnen genannt – in dem Götterreich ansässig. Da wäre Firnis, die den Winden und dem Frost zugewandt ist, oder Waltran, dessen zweite Heimat die weiten Wogen der Ozeane sind,  oder auch Unfug, der auf das Chaos der Existenz oft mit einem schelmischen Lächeln reagiert.

Auch andere Götter wie Balsam, Palaver, Hege, Drangsal, Wonne und weitere sind hier zugegen. Viele aus dem Leben geschiedene Helden werden von ihnen eingeladen, um mit ihnen in den Hallen von Ruhm zu feiern.

Das Ansehen von Wohnheim ist jedoch wahrlich nicht das größte. Für die Asen etwa sind sie bestenfalls ein schlechter Witz, schlimmstenfalls nur ein ärgerliches Abziehbild ihres eigenen Reichs. Die meisten der anderen Welten wiederum wissen nicht einmal, dass es sie überhaupt gibt.

Und würden nicht die Menschen aus Krude an die Götter von hier glauben, so würde Wohnheim wohl schon längst zu den vergessenen Reichen wie etwa Altenheim, Daheim oder Eigenheim gehören.

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